Super Runreport von Franz Altmann von seinem genialen Flug am Sonntag 22.05.2022 vom Hochficht bis ins Donaugebiet östlich von Amstetten.
Samstag, 22:00 Uhr
Ei, da fliegt das Glasl. Der Spritzer in Scherben: oh nein! Ich war‘s nicht, es war der Wind. Ob das mit dem XC-Angriff im schönsten Viertel morgen was wird? Ich und der ebenfalls anwesende Elmar überlegen Grünberg. Machmas österreichisch: „Schaumamoi“.
Sonntag, 22.5.22 6:30 Uhr
Der Wecker scheppert. Is der deppert?
Kaffee.
Klo.
…
Wetter checken. Oi!
7:00 Uhr
Entscheidung. Hochficht. Wie was warum? Akkus sind leer, Ausrüstung im Keller verstreut. Wenn ich bei den Stirmayrs ins Auddo will, muss ich um 8 los. Das geht sich nie aus.
8:14 Uhr
Ich drehe alle 26 Pferde meiner Spielzeugsause auf Hochtouren. 1,4 km. Dann muss ich tanken. Oh no, weitere Verzögerungen. Das kamma nimmer rausfahrn.
9:15 Uhr
15 Min verspätet komme ich in St. Martin an. Schuligom, schuligom, mein Zeitplan hinkt wie immer. Die Stirmayrs sind im Rudel angerückt – ein Familienausflug im wahrsten Sinne. Der Francesco redet von FAIs. Bei dem Wind?
11:00 Uhr
Eine lustige Runde bunter Flughunde trifft sich am Ficht. Sogar der Fredi is da! Wir san schene Deppen! Quasi Nachbarn, die separat anreisen.
11:19 Uhr
Start. Francesco und Fredi hams angezeigt. Hans und ich raufen wie die wilden Hühner um Heber. Es is verflixt – hier geht’s nicht hoch! Chaos. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Nach 40 Min. stehe ich am Boden. Alleine.
„Fesch, dieser Ficht!“ waren nicht meine allerersten Gedanken. Ehrlich.
Ich stoppe. Welche Richtung ist mir egal. Rauf oder runter, der Tag is eh gelaufen. Es geht hoch. Also nochmal auf Schusters Rappen – diesmal im Galopp. Um 13 Uhr bin ich wieder oben. Kurz vor mir startet Lichti – offensichtlich auch zum 2ten Mal. Guten Flug!
13:11 Uhr
Klappe die Zweite. Es spült mich gscheid runter. Hilfe! So komm ich gar nimmer raus! Ich fliege Richtung Parkplatz. Zur Not da landen. Dann packt mich der Bart und bringt mich auf 2.000m. Heissa, endlich mag‘s mich.
„Alles, was jetzt noch kommt, ist Bonus“. Darüber ham wir beim Raufgehn geredet. Und so isses: Allerfeinste Thermiken, wunderschöner Ausblick auf den Moldaustausee. Juhuuuu!
In St. Oswald muss ich den Hintern ein bissl zusammenkneiffen, der Bart is eng. Aber letztlich semmelt es doch hoch. In der Edt seh ich tief ein paar Schirmdln herumdöseln. Ich hinggen komm endlich an die Wolke. 2.200m – jipiee! Bissl wild, der Ritt.
14:40 Uhr
Im Süden stehen zwei fette Krapfen. Nix wie hin! Aber hallo, jetz geht’s runter. Ächz würg. Dass man aber auch nie einen Vollkreis Steigen hinkriegt.
15:00 Uhr
St. Johann am Wimberg. Alles vom West überspült. Ist das meine Endstation? Die paar Bärte, die ich find, sind alle so zerrissen, dass ich Wedel sie nicht zu fassen krieg. Saggrahaxn! Dann endlich das heilige Wunder. Direkt über der Kirche (zumindest hab ich mir das eingeredet) kann ich offenbar den heiligen Bart einfädeln, der mich zumindest wieder ins Rennen bringt. Nix wie weg von dem Buckl.
Leider wird’s schon wieder eng. Bei Oberneukirchen blästs mich hinter die Kante, die Blasen sind wild und nicht einzufangen. Mein Delta wackelt in alle Richtungen, leider mehr runter als rauf.
15:45 Uhr
In der Geng bin ich tief – aber die Sonne brennt voll rein und Rückenwind hab ich auch. Da packt mich auch schon der Hammer von unten und kanüffelt mich nach oben, dass ich mich festhalten muss. Endlich wieder ein Bart, den auch ein Bergflieger derkurbeln kann!
Dann wird endlich alles entspannend. In Hellmonsödt schieß ich ein paar Bilder und ruf den Evgeny an, ob er daheim is und ein Steak auf den Grill klatschen will. Isser nicht – auch gut, dann geht’s halt weiter. Auch fesch – so komm ich in meine alte Heimat, Galli – diesmal auf 2.200m – heilige Affenscheisse!
Bei Pregarten muss ich einen Krapfen auslassen, um nicht in die TMA Linz Ost hineingesaugt zu werden. Das Umfliegen ist sauber haarig, aber je mehr ich runtersumper desto mehr gesellt sich eine Südkomponente zum West.
17:30 Uhr
In Bad Zell merk ich, dass der Tag müde wird. Ui, jetzt noch einmal hoch aufdrehn, alles auskurbeln, es wird bald abschalten! Es geht mühsam auf 1.600m, was ein bissl wenig is, weil sich im Osten das Relief auf teils über 800m hebt. Also flieg ich nach Süden raus Richtung Donau, wo ein letztes Bummerl Hoffnung schenkt. Außerdem erspähe ich eine größere Siedlung, die einen Retrieve nach Linz erleichtern sollte.
17:45 Uhr
Nach langem Gleitflug fliege ich in eine Mulde ein. Endstation. Ganz kurz pießst das Vario – aber nach einem Suchkreis stellt sich der Heber als nordwindverseucht heraus – ein Leedingens also. Näh.
Beim Rausgleiten passiert dann aber doch noch die Sensation. 325 m über Grund schlägt das Vario nochmals an. Ein Vollkreis im Steigen, dann noch einer noch einer. Ich kurble aus einer Senke im Lee heraus, die schon im Schatten liegt. Kein Prallhang, keine Sonne. Das Steigen wird immer stärker und lässt nicht nach, ist mega ruhig, mein Schirm macht keinen Zucker, ich auch nicht, verharre in Regungslosigkeit, kanns irgendwie nicht fassen. Das Vario trällert immer noch deutlicher den lieblichen Gesang, meine Ohren knacken – ich habe 1.000 m aufgedreht – um kurz vor 6! Wo gibt’s denn sowas?
Mein Handy ist schon lange tod, meine Powerbank auch, 13 % Akku reichen, um es wieder einzuschalten und der besten Frau mitzuteilen, dass ich noch fliege. Ein Blick aufs Vario verrät mir, dass es knapp auf den 100er geht. Ui, das wär natürlich fesch – wobei die Zahl natürlich verblasst gegen das Abenteuer, das mir heut schon beschert war.
18:25 Uhr
An der Donau angekommen lass ich mich noch auf den letzten Muggel unter Grein ranblasen, der gut in der Abendsonne steht. Und tatsächlich – ich treff einen Bart an, der mich wieder konstant hochträgt. In der Gewissheit, nun tatsächlich den allerletzten Bart erwischt zu haben, melke ich ihn, bis er tatsächlich keinen Eichhörnchenfurz mehr hergibt.
Mit 1.600m lehne ich mich zurück, lasse die Leinen los, lege mich zurück und entspanne. Jetzt ist der Zeitpunkt, alle Eindrücke einzusaugen, die die Wimper halten kann. Der Überflug der Donau mit den vielen Schiffen, die Felder, die man schmecken kann, die A1 mit ihren Spielzeugautos. Ein Wahnsinn, wie privilegiert wir sind. Dass wir dieses Abenteuer leben dürfen. Dass wir dieses Element erleben dürfen. Dass wir die Freiheit haben, das zu machen. Fast steckt ein bissl ein Knödel im Hals vor lauter Ehrfucht und Dankbarkeit.
19:00 Uhr
Touchdown. Um Punkt 7. Absurd eigentlich. Dann folgt, was an einem magischen Tag nur folgen kann. Der Run geht weiter.
Der Tankwart ist begeistert von meiner Erzählung, der Mann in der Tankstelle reißt mich nach Amstetten, erzählt mir von seinen Jahren als Gastarbeiter. Am Bahnhof treffe ich auf Stirmayr Hans, der gleich alles richtig gemacht hat und noch viel weiter geflogen ist. Nach einem feschen Bier im Zug trinken wir gleich noch eines am Bahnhof Linz, wo uns der brave Francesco in Empfang nimmt, der ein sensationelles FAI geflogen ist. So viel Glück hält ja kein Tag aus!
Und so bin ich um Punkt 10 in St. Martin, steige auf meine Düse, um eine Stunde lang über alles nachdenken zu können.
Dank
DANKE, werte Scher und Scherinnen, dass ihr mir zum zigsten Mal geholfen habts, das schönste Viertel von oben beglupschen zu können. Ihr seids die besten!
Dank natürlich auch an die beste Frau, die daheim das kranke Kind bemuttert hat und mir meinen Huscher mit der Fliegerei nicht übel nimmt.