X-Mühlviertel


Franz Altmann berichtet mit beeindruckenden Worten und Bildern von seinem ersten Windenschlepp am 14.8.2015 in Gramastetten. Franz flog in ca. 3,5 Stunden eine Strecke von ca. 73 km Richtung Bayern und landete in der Nähe von Freyung.

X-Mühlviertel

Die Einladung von Hans kam per Telefon. Ein Fliegerfest inklusive Windenschlepp in Gramastetten – das muss man mir nicht zweimal anbieten. Selbstverständlich komme ich!

bildschirmfoto-2015-08-15-um-08-54-45Der Tag ist vielversprechend. Zwar kein Wind, aber gute, hochreichende Thermik sind fürs Mühlviertel vorhergesagt. Ich jage meine Estrella die 60 Kilometer hoch ins schönste aller Viertel.

Hans ist am Startplatz, ist frohen Mutes und voller Zuversicht. „A bissl wirds scho gehn“. Ich selbst bin in Anbetracht des bevorstehenden, ersten Windenstarts, ein nervliches Wrack. „Was soll ich funken? Wie soll ich mich einhängen? Wie stark muss ich für Kurzkorrekturen ziehen?“ Während Hans mir die technischen Raffinessen der Winde erläutert, stapft auch schon seine Frau Karin in der sengenden Hitze den Hang hoch, das Stahlseil geschultert. Uff! Den Start bezahlt man hier offensichtlich mit Schweiß.

Karin zieht ihren Chili 3 auf, Hans gibt Dampf und schleppt seine bessere Hälfte in die Höhe. Nach dem Klink braucht sie eine Weile, um direkt über dem Startplatz ein zartes Bärtchen zu sondieren. Die nach und nach eintreffenden Scherhaufenflieger sind allesamt so gebannt wie entzückt – Karin kann sich ganz offensichtlich halten. Nun denn, jetzt wird es ernst.

Nachdem mich die Bodencrew freundlicherweise eingehängt, mir den Seilzug per Funk angefordert, den Schirm ausgelegt und mir das Funkgerät um den Hals gelegt hat, fühle ich mich wie ein Anfänger. Ich ziehe den Cayenne viel zu energisch auf, er schießt, ich verhasple mich beinahe. Dann geht alles recht rasch – das Vario düdelt und ich werde über die Winde gezogen. Ich will sofort klinken und wedle mit den Füßen, was Hans über Funk schlemisch mit „zu früh“ quittiert. Gut, dann halt noch nicht. Hans setzt mich genau in den Bart, wo ich endlich klinken darf und trotz der läppischen 130 Meter, die ich im Vergleich zu meiner Starthöhe gewonnen habe, sofort eindrehen kann.

Beim Aufdrehen bin ich noch etwas verwirrt von all dem Neuen, das in diesen letzten Minuten passiert ist, richte mich aber trotzdem mal für einen Thermikflug ein. Das Gurtzeug gehört eingewurschtelt, die Klinke hereingeräumt, Kamera und Spot ausgepackt, der neue Schirm mal beäugt.

Auf 1300 ist erstmal Schluss mit dem Gepiepe. Also gut, schnell ein paar Fotos, es ist so schön. Ich fliege Richtung Gis ab, habe aber sofort gruseliges Sinken und beträchtlichen Gegenwind. Nein Danke! Karin markiert mir brav den Bart, der mich nun immerhin auf 1500 bringt. Weeee! Ich erkenne Bernhards Delta 2, der eben unten rauskommt. Nun denn, eine kleine Runde will ich jetzt schon fliegen! Was hat Hans noch gesagt? Niederwaldkirchen, Waxenberg? Egal, ich taste mich mal nach Westen raus.

Das Tasten geht dann aber gleich in ernstzunehmendesbildschirmfoto-2015-08-15-um-08-55-27 Sinken über, das mich tief in einem mir unbekannten Graben meine Entscheidung zum Abflug überdenken lässt. Der Bart, den ich in der Nähe wähne, beisst erst sehr viel später an, als ich ihn vermutet hatte. Aber immerhin, es geht aufwärts. Pfuu, Glück gehabt!

Ratlos wie ich bin, passiert mir dann dasselbe gleich noch einmal. Nach einer langen Gleitstrecke bin ich abermals nur noch 300m über Grund. Die Felder unter mir strahlen in der sengenden Sonne Hitze und Licht ab, aber kein Pieps. Irgendwo muss es doch abreissen, sakrahaxn!

Dann, ganz plötzlich, korkt es weg. Ich komme grad noch an meine Bremsen, kann eindrehen, es pfeifft hoch. Leider nur 150 m, dann spukt mich der Bartl auch schon wieder aus. Ein Suchkreis im Sinken drängt mich zur Flucht nach vorne. Himmel hilf!

In meiner Verzweiflung kommt der Bart gelegen, der mich gleich wieder packt und endlich mit anständigem Hurra nach oben pfeffert. Auf 1500 wird es so richtig bockig, nach einer anständigen „Gsunden“ geht es direkt über einem Teich ganz ruhig weiter nach oben. Hey, das ist ja die Resilackn, das kenn ich vom Noppen Air! Wohnt da nicht irgendwo der Tom?

Über Altenfelden, das ich dieses Jahr schonmal von Marsbach aus erkundet habe, geht es dann anständig nach oben. Auf 2500 muss ich den Bart verlassen, weil vor lauter Schlottern nicht einmal mehr der Schirm ruhig hält. Das verschwitzte T-Shirt ist hier nicht mehr tauglich, jetzt muss die Jacke her, die ich unter dem Sitz herauskrame. Brrr brr Eskimo!

bildschirmfoto-2015-08-15-um-08-57-13Auf dem Weg nach Rohrbach dann plötzlich Dauer-Stallarm. -5m/s Sinken! Verängstigt blicke ich zum Schirm hoch. Fliegst du noch? Komischerweise ist das Steigen dann wieder schwach. Ich biege in Richtung Kollerschlag ab, weil ich die ersten echten Südflanken entdecke. Als Bergflieger wähnt man sich da gleich einmal in Sicherheit. Tatsächlich finde ich Steigen, aber mehr als 300 Meter sind nicht drin. Auweia.

Mit 1700 gleite ich weiter und sehe mich zum dritten Mal in unangenehme Bedrängnis mit der Schwerkraft schlittern. Schon wieder gleite ich über große freie Flächen und setze meine letzten imaginären Pokerchips auf den Wandrand, auf den ich zufliege. All in.

Aber wohin? Im Zweifel immer dem Wind nach. Der Bart, der mich empfängt, ist sehr schwach und stark versetzt. Ich drehe mit Bauchweh über den Waldrand und sehe mich schon in dieser Pampa absitzen. Was ich nicht weiß: Das hier ist die Grenze! Sein Heimatland begrüßt der Cayenne mit einem zwar immer noch schwachen, aber immerhin konstanten Bart. Schauschau, in Deutschland fliegt er also besser, der werte Herr!

Ich weiß nicht sicher, was mich dazu veranlasst hat, aus dem sicheren Steigen ein wenig in Richtung Süden zu drücken,bildschirmfoto-2015-08-15-um-08-57-50 wo es mich endlich wieder mit echten Steigwerten hochstoppelt. Egal. Es trägt wunderbar, ich genieße jede Sekunde und drehe in der bald schon etwas orange eingefärbten Nachmittagssonne hoch über der Erde wunderbar entspannt und entschleunigt meine Kreise. Es ist herrlich!

bildschirmfoto-2015-08-15-um-08-56-43Was folgt, sind 40 Minuten entspanntes Gleiten in glatter Luft, die nur noch hie und da einen Pips abgibt. Eine Stadt ist in Sicht, die sich später als Freyung entpuppen sollte. Ich lande direkt im Mc Drive, wo ich mit freundlichen Worten, einem Salat, einer Cola und Wifi empfangen werde. Perfekt!

Die Heimreise ist dann der Hammer. Ein Autostop nach Passau, ein Zug nach Linz und ein Franz, der mich in Linz abholt, bescheren mir eine insgesamte Stehzeit von 5 Minuten. So bin ich schneller wieder in Gramastetten als ich für den Flug gebraucht habe und das trotz eines Mc Donalds-Mampf-Intermezzos. In Gramastetten warten eine lustige Fliegerrunde, ein Feuerwerk, Bier, und lustige Diskussionen um das Thema Luftraumpiraterie. Alle erzählen von aberwitzigen Flughöhen jenseits der 3000er Marke, die den Franzens aber verwehrt blieb, hüstel.

 

Danke an alle, die dazu beigetragen haben, das war ein grandioser Tag mit grandiosem Finish. Nächstes Jahr bin ich gerne wieder dabei, dann aber mit Übernachtung!

Franz Altmann

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